Property Management auf Augenhöhe

Ein Gastbeitrag von Sabine Giesen-Kirchhöfer, Geschäftsführerin, IC Property Management GmbH in Absolut Private 4/2022

Die Immobilienbranche ist in der vergangenen Dekade deutlich weniger hierarchisch geworden. Dennoch besteht der alte gedankliche Graben zwischen Asset- und Property Management fort. Während Asset Manager mit wichtigen strategischen Entscheidungen auf Objekt- und Portfolioebene in Verbindung gebracht werden, gelten Property Manager eher als das ausführende Organ in der „zweiten Reihe“. Wer jedoch dem Thema Property Management nicht genug Beachtung schenkt, könnte sich früher oder später mit Renditeeinbußen konfrontiert sehen.

Die aktuelle Marktrealität, in der es nicht mehr primär um Wertsteigerung, sondern um Werterhalt geht, erfordert neue Prioritäten.

Die zwei größten Herausforderungen für institutionelle Investoren – ESG und Mieterbindung – beginnen direkt an der Immobilie und sind somit maßgeblich von der Qualität des Property Managements abhängig. Schließlich kommt es mehr denn je darauf an, dass bestehende Mieter ihre Verträge prolongieren. Was vor zwei Jahren beinahe als selbstverständlich galt, ist nun selbst bei Core-Objekten mit Arbeit und Fingerspitzengefühl verbunden. Im Zuge der Verhandlungen müssen Mietflächen oftmals so angepasst werden, dass sie den New-Work-Konzepten der Mieter entsprechen. Bei Objekten in sekundärer Lage oder mit moderater Qualität gehören Incentives wie mietfreie Zeiten seit einigen Jahren wieder zur Realität – Tendenz steigend.

Genauso wichtig ist, die finanzielle Situation der Mieter eingehend zu analysieren und eine mögliche Schieflage schnell zu erkennen. Denn viele Unternehmen geraten aktuell durch die gestiegenen Energiepreise und Fremdkapitalkosten unter Druck, können jedoch die Preise gegenüber ihren Endkunden häufig nicht auf ähnlichem Level erhöhen. Hinzu kommt der nach wie vor intakte Strukturwandel.

Es kann sein, dass ein Mieter aktuell bonitätsstark ist, aber über kein zukunftssicheres Geschäftsmodell verfügt. Eine genauere Analyse der Chancen und Risiken des Unternehmens sowie der Branche verschafft die Möglichkeit, frühzeitig zu reagieren. In all diesen Fällen kommt es jedoch darauf an, dass das Property Management regelmäßig aktiv den Dialog sucht.

Noch relevanter wird die Qualität des Property Managements beim Thema ökologische Nachhaltigkeit. Eine der größten Hürden in Sachen ESG ist der Mangel an objektbezogenen Daten zum Verbrauch oder zur Energieeffizienz. Nachhaltiges Property Management heißt also auch Datenmanagement. Hinzu kommt, dass es für die Bewertung von Objekten und Portfolios nicht nur gesetzliche Rahmenbedingungen wie die EU-Taxonomie gibt, sondern auch unterschiedliche Zertifizierungsmodelle, wie DGNB und BREEAM, sowie die Scoring-Modelle GRESB und ECORE. Obwohl diese Modelle zahlreiche Gemeinsamkeiten haben, sind wir von einem einheitlichen Bewertungsstandard weit entfernt. Dementsprechend kann und sollte der Property Manager für seine jeweiligen Auftraggeber Standards bereitstellen, die beispielsweise ein einheitliches Reporting und die direkte Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Mietern oder Objekten ermöglichen.

In diesen Tagen ist vom Property Management vor allem eines gefordert: strategisches Denken und Handeln (während sich umgekehrt das Asset Management deutlich stärker mit operativen Themen beschäftigen muss). Dafür jedoch benötigt das Property Management die nötigen Handlungsspielräume, aufwandsentsprechende Vergütungen und den erforderlichen Rückhalt bei Investoren wie auch bei allen anderen Gliedern der Wertschöpfungskette. Denn so vielschichtig sich die aktuellen Herausforderungen auf den Gewerbeimmobilienmärkten gestalten, so gut vernetzt sollten die einzelnen Akteure in der Wertschöpfungskette interdisziplinär zusammenarbeiten. Das jedoch geht nur auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Rückhalt.

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