Schlechte Gewohnheiten: Wovon sollte sich die Branche lösen?

Allzu häufig hören und lesen wir von den großen Zukunftstechnologien, die die Arbeit von Property- und Asset Managern revolutionieren werden. Um tatsächlich innovativ sein zu können, ist es jedoch genauso wichtig, mit einigen schlechten, aber lieb gewonnenen Gewohnheiten zu brechen und uns aus der sprichwörtlichen Komfortzone herauszubewegen. Bei welchen Punkten wir konkret umdenken sollten, haben unsere vier Geschäftsführer Sabine Giesen-Kirchhofer, Michael Greis, Karsten Körper und Heiko Dietel zusammengefasst.

Giesen-Kirchhofer: Wir sollten aufhören, den Faktor Mensch zu vernachlässigen

Ein Missstand ist meiner Meinung nach, dass der gesamte Markt nach Digitalisierung schreit. Dabei wird zumindest von einigen Akteuren impliziert, dass die neuen Technologien die menschliche Arbeit ersetzen würden. Das wird  nicht der Fall sein. Jedes digitale Werkzeug braucht einen Menschen, der es bedient und der auf Basis dessen, was die Systeme anzeigen, die richtigen strategischen Entscheidungen trifft. Umso schwerwiegender ist es, dass hinter dieser Digitalisierungsrhetorik die wirklich essentiellen Themen des Nachrückens von Fach- und Führungskräften und der Personalfluktuation in den Hintergrund rücken. Überspitzt gesagt, konzentrieren wir uns zu sehr auf mögliche zukunftsorientierte IT-Technologien und zu wenig auf den Faktor Mensch. Ich denke auch, dass dies einer der Gründe ist, warum so viele insgeheim von der Digitalisierungsdebatte genervt sind. Stattdessen sollten wir unsere Unternehmenskulturen innerhalb der Branche so anpassen, dass Mitarbeiter sich fachlich und persönlich entsprechend weiterentwickeln können – anstatt dass sich die Unternehmen ihre besten Leute ständig gegenseitig abwerben. Die technologische Zukunft und der Mensch sollten sich nicht gegenseitig ausschließen sondern miteinander wachsen.

Greis: Wir sollten uns nicht nur auf Digitalität sondern auch auf Agilität konzentrieren

Vielleicht sollten wir grundsätzlich einmal infrage stellen, ob Digitalisierung tatsächlich ein so großes Plus an Effizienz bringt. Viele Investoren und Corporates haben ihre eigenen Systemlandschaften und Datenraumanwendungen. Anstatt einheitlicher Schnittstellen müssen Daten immer wieder unterschiedlich aufbereitet und wiedergegeben werden. Wir sollten uns daher primär auf Agilität fokussieren, anstatt nur über Digitalfragen zu sprechen. Wie schafft man in organisatorischer wie auch zwischenmenschlicher Sicht Prozesse, die agil genug sind, auf einen solchen Markt zu reagieren? Mitarbeiter mit verschiedenen fachlichen Schwerpunkten müssen sich schnell in verschiedenen IT-Systemen gleichzeitig zurechtfinden und dabei effizient als Team zusammenarbeiten können. Dafür ist ein ständiges „Training on the Job“ nötig. Grundvoraussetzung für eine solche Agilität ist jedoch eine moderne Datenerfassung und -verarbeitung. Es ist essenziell, dass die notwendigen Informationen schnell aufgenommen sowie aufbereitet werden und zur Verfügung stehen. Nur so können Optimierungspotenziale erkannt und die Effizienz grundsätzlich erhöht werden. Das mag offensichtlich klingen, aber wie oft kommt es vor, dass eigentlich selbstverständliche Leistungen in der Datenaufbereitung nur verzögert oder nicht in ausreichendem Maße durchgeführt werden?

Körper: Wir sollten althergebrachte Hierarchien infrage stellen

Eine veraltete Mentalität, die man in unserer Branche dennoch immer wieder erlebt, ist die starke Hierarchisierung zwischen Property Manager, Asset Manager, Investment Manager, Vermietungsmanager und Fondsmanager. Vor allem der Property Manager sowie die dazugehörige Objektbuchhaltung und Stammdatenpflege wurden früher oftmals nicht auf Augenhöhe mit den übrigen Disziplinen gesehen. Einmal ganz abgesehen von der Frage nach der Wertschätzung ergeben sich auch Herausforderungen in Sachen Effizienz: Hierarchien erzeugen Druck und erschweren somit den reibungslosen Austausch zwischen allen Beteiligten. Gute Ideen werden eventuell zurückgehalten, sich anbahnende Probleme nur bedingt angesprochen. Stattdessen brauchen wir eine offene Kommunikations- wie auch Unternehmenskultur – und neben den passenden menschlichen Schnittstellen auch ausreichend kleine Teamgrößen, damit der stetige persönliche Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter möglich ist.

Dietel: Wir sollten uns gedanklich stärker vom Marktzyklus lösen

„Wie lange hält der Aufschwung auf den Immobilienmärkten noch an?“ – Diese Frage hören und lesen wir jetzt schon seit Jahren immer wieder. Das Thema dabei ist nur, dass sich in einer so komplexen Marktlage wie heutzutage entsprechende Prognosen kaum mehr treffen lassen. Anstatt zu sehr von der Entwicklung des Zyklus auszugehen, sollten wir viel stärker auf die jeweiligen Investments achten: Wie stabil sind die Mieterstrukturen? Welche positiven oder negativen Standortfaktoren gibt es? Und ist das Immobilienkonzept auch über lange Sicht tragfähig? Natürlich spielen Marktentwicklungen immer eine Rolle – vor allem in den A- und B-Städten. Daher passen vor allem die Regionalzentren, in denen weniger Marktakteure aktiv sind, zu einer solchen „Zyklus-unabhängigen“ Anlegermentalität. Aber auch in den Metropolen sollten wir uns bei der Entscheidungsfindung nicht durch aktuelle Debatten verrückt machen lassen, sondern stärker auf die jeweiligen immobilienbezogenen Kennzahlen schauen.

Zu den Personen: Sabine Giesen-Kirchhofer, Michael Greis und Karsten Körper sind Geschäftsführer der IC Property Management GmbH, Heiko Dietel ist Geschäftsführer der IC Asset Management GmbH.