Asset- und Property Manager – jetzt geht es um richtige Entscheidungen

Michael Stüber FRICS
80 bis 90 Prozent aller Gesuche von institutionellen Investoren im Segment der Gewerbeimmobilien beziehen sich auf Core-Objekte – opportunistische Strategien hingegen gehören zurzeit in dieser Gruppe klar zu den Exoten. Immer mehr Marktakteure müssen sich zudem inzwischen an handfesten ESG-Kriterien messen lassen, weshalb sie nur zertifizierte Immobilien ankaufen können.
Der Haken ist jedoch, dass es nur wenige tausend Immobilien in Deutschland gibt, die diese Aspekte erfüllen: Core-Sicherheitsmerkmale, ESG-Konformität und eine ausreichende Größe, um für institutionelle Investoren attraktiv zu sein. Selbst mit einem ausgeprägten Marktnetzwerk und einer starken Vor-Ort-Präsenz können Investment- und Asset Manager die Nachfrage nur zu einem geringen Teil mit Bestandsobjekten beziehungsweise Forward-Deals abdecken.
Eigene Standards erhalten
Gleichzeitig wäre es in der aktuellen Situation gefährlich, von den eigenen Standards abzuweichen, nur um ein Investment realisieren zu können. In den Randlagen der Metropolen sowie den Sekundärstandorten greifen einige Vermieter bereits zum Mittel der Incentivierung – üblicherweise die letzte Maßnahme, bevor die aufgerufenen Angebotsmieten abgesenkt werden.
Darüber hinaus nimmt für viele dieser Non-Core-Immobilien die Vermarktungsdauer bei Neuvermietungen zu – die entsprechende Besichtigungsfrequenz nimmt ab. Wenn angesichts dieser Konstellationen die Mietpreise vorübergehend um nur zehn Prozent sinken, geraten zahlreiche Investments in Schieflage. In diesem Fall steht der Eigentümer/Investor vor der Entscheidung, sich langfristig an einen niedrigeren Mietzins zu binden oder sogar einen strategischen Leerstand in Kauf zu nehmen.
Was müssen Asset- und Property Manager jetzt leisten?
Ob Core-Immobilie oder nicht – ein verantwortungsvolles Immobilienmanagement besteht zunächst darin, den Werterhalt des jeweiligen Investments zu garantieren. Angesichts der aktuellen Marktlage, bei der wir in 2021 von niedrigen Vermietungsumsätzen in Höhe von etwa zwei Millionen Quadratmetern im Bürosegment ausgehen, steigt die Bedeutung der Mieterbetreuung und wird zu dem zentralen Instrument, um eine hohe Mieterzufriedenheit zu erreichen mit der Folge einer möglichst langen Verweildauer der Mieter im Objekt.
Diese wird erreicht durch eine hohe Servicequalität im Kaufmännischen und Technischen Property Management. Wichtige Aspekte sind dabei eine gute Kommunikation, kurze Reaktionszeiten und eine hohe Lösungskompetenz bezüglich der Bedürfnisse der Mieter. So kann es z. B. wichtig sein, kleinere Änderungen in den Flächenanforderungen des Mieters zeitnah umzusetzen, sodass kein Auszug nötig wird. Auch bezüglich der Prolongationsgespräche sind flexible Ansätze wichtig – es geht nicht mehr nur darum, eine möglichst lange Festlaufzeit zu erreichen. Kürzere Vertragslaufzeiten entsprechen inzwischen eher dem Bedarf vieler Mieter. Bei einem gutem Management muss dies aber nicht in einer kürzeren Gesamtmietdauer resultieren. Gegebenenfalls gelingt es sogar in Verbindung mit einem höheren Mietzins den Cashflow insgesamt zu erhöhen.
Genauso müssen Asset- und Property Manager Mieterrisiken frühzeitig erkennen. Diese beziehen sich angesichts des aktuellen Strukturwandels bei Weitem nicht mehr nur auf mögliche Liquiditätsengpässe. Genauso kann es sein, dass bei einem eigentlich „gesunden“ Unternehmen die eigene Transformation zu schleppend verläuft und das Geschäftsmodell innerhalb weniger Jahre oder sogar nur Monate obsolet wird. Für das Vermietungsmanagement sind also sowohl extensivere als auch intensivere Prüfprozesse nötig. Seinen Mieter zu kennen, wird immer wichtiger.
Manage-to-Core
Dennoch beschränkt sich das Aufgabenfeld im Asset- und Property Management keineswegs nur darauf, das Bestehende zu erhalten. Ein aktiver Ansatz sollte vielmehr darin bestehen, neue Core-Produkte durch das Bauen im Bestand zu realisieren. Immobilien, die vor 25 bis 30 Jahren in den Vorzugslagen entstanden sind, können durch ein umfassendes Konzept sowie eine energetische Sanierung marktgerecht revitalisiert werden. Dadurch sind überdurchschnittliche Renditen bei großer Standortsicherheit möglich. Idealerweise werden die Objekte durch die Sanierung zu nachhaltigen Objekten im Sinne der regulatorischen Anforderungen.
Die deutlich restriktivere Kreditvergabe der Banken sorgt allerdings dafür, dass höhere Eigenkapitalquoten nötig werden – oder aber der Kapitaldienst durch Sicherheitsaufschläge wächst. Dies wird noch durch die steigenden Baukosten verstärkt. Konkret bedeutet dies, dass der Spielraum für Fehler im Immobilienmanagement immer geringer wird. Umgekehrt jedoch können gerade komplexe Projekte mit einem Manage-to-Core-Ansatz Wertsteigerungen liefern, die weit über dem Niveau von „fertigen“ Core-Objekten liegen. Je stärker die Rendite zwischen Core und Non-Core aufgrund der bereits begonnen und weiter erwarteten Marktanpassung auseinandergeht, desto aussichtsreicher ist es, ein Objekt gezielt von einem Marktsegment in das andere zu überführen.
Es kommt nicht mehr nur auf Geschwindigkeit an
In den 2010er-Jahren ging es für Asset- und Property Manager vor allem darum, die hohe Dynamik der Transaktionsprozesse mit zum Teil sehr kurzen Haltedauern aufzugreifen. Dementsprechend haben sich in vielen Gesellschaften die Prozesse verschlankt, die Effizienz bei der interdisziplinären Zusammenarbeit wurde erhöht – so auch bei der IC Immobilien Gruppe.
Effizienzsteigerungen und funktionierende Strukturen allein sind jedoch noch kein Garant für den Investmenterfolg. Vielmehr geht es bei komplexeren und langsamer werdenden Märkten darum, effektiv zu arbeiten und gemäß der bekannten Definition von Peter Drucker „die richtigen Dinge“ zu tun. Dafür braucht es zweierlei: Erstens die langjährige Expertise von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die idealerweise seit mindestens 15 Jahren im Markt aktiv sind und daher die vergangene Immobilienkrise aus eigener Erfahrung kennen. Und zweitens digitale Wissensvorsprünge auf Basis moderner IT-Systeme und Datenbanken. Diese ermöglichen es, die Resultate und Best Cases zahlreicher Einzelprojekte zu bündeln und diese Informationen anschließend als Grundlage für neue Strategien an anderen Objekten zu verwenden.
Zur Person: Michael Stüber FRICS ist Geschäftsführer der IC Immobilien Holding GmbH.