Agglomeration – Verwaltungsgerichtshof erschwert Genehmigungen in Bayern

Wie einfach war die Welt doch früher: Kleinflächige Geschäfte konnten in der Regel auch in Wohngebieten errichtet werden und Verkaufsflächen, die größer als 800 Quadratmeter waren, durften nur ausnahmsweise außerhalb von Kern- oder Sondergebieten angesiedelt werden.

Zwei kürzlich ergangene Einzelfallurteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) haben jedoch für große Planungsunsicherheit unter Einzelhändlern, Projektentwicklern und bayerischen Kommunen gesorgt. Dort galt bisher die Verwaltungspraxis, dass zu einer Agglomeration mindestens drei eigenständige Betriebe gehören mussten. Beispielsweise konnte der Bau eines Getränkemarkts mit 500 Quadratmetern neben einem bestehenden Supermarkt mit 800 Quadratmeter Verkaufsfläche bisher problemlos genehmigt werden.

Die Urteile des VGH (15 N 15.1201 vom 14.12.2016 sowie 15 N 15.2042 vom 28.02.2017) haben diese Praxis jedoch in Zweifel gezogen. In beiden Urteilen ging es um Fälle in kleineren Gemeinden, in denen Bauvorhaben nicht genehmigt wurden, weil diese aus Sicht des BayVGH die Ziele der Landesplanung verletzten. In den Zielbegründungen des Gerichts heißt es dazu, dass zwei selbständige kleinflächige Einzelhandelsbetriebe zusammengenommen als Großprojekte bewertet werden können. In einigen Kommunen hat dies bereits zur präventiven Ablehnung von Vorhaben geführt. Die möglichen Konsequenzen sind absurd: Beispielsweise könnte einem Bestandsbetrieb, der in Nachbarschaft zu weiteren Betrieben angesiedelt ist, eine geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche verwehrt werden, während eine Neuansiedlung eines Lebensmittelmarkts mit bis zu 1.200 Quadratmetern in geringer Entfernung weiterhin bliebe.

Einen solchen Fall gibt es derzeit in der Gemeinde Spiegelau im Bayrischen Wald. Die drei dortigen Lebensmittelmärkte planten ihre Verkaufsflächen zu vergrößern. Diese würde auch nach der Erweiterung die landesplanerisch zulässige Verkaufsfläche von 1.200 Quadratmeter je Betrieb nicht überschreiten. Laut Stellungnahme der Regierung ist die Erweiterung jedoch eine unzulässige landesplanerische Agglomeration. Um 1.200 m² Verkaufsfläche zu erreichen, müssten die Märkte daher – obwohl in integrierter Lage gelegen – aufgegeben und einzeln an anderen Standorten in der Gemeinde neu angesiedelt werden.

Eine Fortschreibung der Vorschrift soll die Rechtslage wieder rechtssicher gestalten, ob dies gelingt ist allerdings unklar. Eine klärende Verwaltungsanweisung seitens der Landesplanung würde die entstandene Unsicherheit in der Planungs- und Genehmigungspraxis effektiver verringern und alle Unklarheiten ausräumen.

Zur Person:Markus Wotruba ist Leiter Standortforschung der BBE Handelsberatung GmbH.